GUACAMOLE AQUI ( Mariachi Garage Cuban Trash, Hannover)
„Tito Puente meets the Sex Pistols“, beschrieb sie der Boston Globe. Und das trifft es – irgendwie.
Die Geschichte dieser Band läßt an „From Dusk Till Dawn“ denken, jenen Film, der als Entführungs-Roadmovie beginnt und in der Mitte einfach beschließt, links abzubiegen und als Vampirschocker weiterzumachen: Eine Hannoversche Hardcore-Band mit osteuropäischem Einflüssen beschließt eines Nachts auf einer richtig guten Party, ab sofort und fortan eine mexikanisch-cubanische Salsa-Son-Kapelle zu sein.
Der Zufall tut ein übriges – kurze Zeit später schwappt die „Buena Vista Social Club“-Welle über’s Land, beschert den Musikern Auftrittsnachfragen im Überfluß und es wird bald klar, dass es kein Zurück aus dieser Schnapsidee gibt. Zum Glück – denn seitdem reiht sich Konzert an Konzert; im In- und Ausland sorgen die Jungs für überraschende und immer gefeierte Nächte in Clubs und auf Festivals.
Man fragt sich, warum Guacamole Aqui so gut ankommen. Denn nach wie vor legen die acht, manchmal zehn Musiker eine bemerkenswerte Ignoranz gegenüber den klassischen lateinamerikanischen Rhythmen an den Tag. Nach wie vor blinzelt manchmal die Harcore-Vergangenheit durch, auch wenn längst Trompeten und Percussion an die Stelle der krachenden E-Gitarren getreten sind. Nach wie vor wird auf der Bühne gerockt, gesoffen und geraucht und die schlecht sitzenden schwarzen Anzüge sehen irgendwie gemietet aus… also warum kommen die so gut an? Die Antwort ist: Ja. Genau. Eben drum.
Sie spielen nicht nur Salsamusik in einer Art, wie sie nur Nicht-Latinos spielen würden, nein, zu allem Überfluss spielen sie auch noch jede Menge Cover-Versionen von Ganz-und-gar-nicht-Mariachimusik, wie sie nur Mariachis spielen würden (das heisst, naja, wie sie nur Nicht-Latinos spielen, die wie Mariachis spielen?). Madonna, Sugarbabes, Hendrix und Wer-weiss-was-noch tauchen da plötzlich auf, als Samba, Mambo, Ska Punk. Und dazu werden natürlich die Klassiker von Manu Chao über Ozomatli bis zum Buena Vista Social Club bedient, alle in sehr erfrischenden Underground-Varianten.
Inzwischen legendär sind die berüchtigten „Mitternachtskonzerte“ in Guacamoles Heimatstadt Hannover – mit spätem Beginn und nicht selten dreistündiger Zugabensektion („Wir hören erst auf zu spielen, wenn ihr aufhört zu tanzen!“).
Seit ihrer aktuellen (dritten) CD hat sich Guacamole Aqui bei Übersee Records in den Vertrieb begeben; „The Mariachi Ga-rage“ verkauft sich gut in Deutschland, der Schweiz, Polen, Russland und Japan. Songs für die vierte CD sind in Vorberei-tung; darüber hinaus gibt es inzwischen – niemand weiß genau warum – von so vielen Guacamole-Tracks diverse House/Elektro/DrumNBass-Remixe aus Hannovers DJ-Ecken, dass in Kürze ein gesonderter Clubsampler mit dem Titel „Remexico“ erscheinen wird.
Während ihrer US-Ostksten-Clubtour 2004 machte sie der Boston Globe bereits im Vorfeld zum Ausgehtip der Redaktion fürs Wochenende („Trumpet Blast!…Salsa por todo… a tongue-in-cheek mariachi band, well it is!“) und Latin-Spezialistin Ana Mo-rales wagte sich nur wenige Tage später, ebenfalls im Globe, in der Rubrik „Tip der Kritiker“ an eine Definition des Phänomens: „Guacamole Aqui … an amalgam of salsa, Mariachi, jazz and a bit of punk mambo – think Tito Puente meets the Sex Pistols …Non latin hits wrapped in an enchilada..“
Also die „Toten Hosen der Latinoszene“?
Definition schwierig. Anhören Pflicht.